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«Ein Abend voller Leidenschaft»

Autorenbild: Maren KunstMaren Kunst

aus

«Durch den Kreis eines Jahres, bis in alle Zeiten...»

Buch II aus der Trilogie

«Das ganze Leben oder das Ganze leben»


«Durch den Kreis eines Jahres, bis in alle Zeiten» ist nach «Herr Hund & das Mädchen» das zweite Buch der Trilogie «Das ganze Leben oder das Ganze leben».


Die liebevolle Gemeinschaft am großen Teich wandelt durch den Kreis eines ereignisreichen Jahres, dass für die Protagonisten einiges auf den Plan stellt. Ihr Erleben spiegelt sich dabei in den Energien und den Kräften des Jahreszyklus. Viele Wege kreuzen sich und sorgen für ein dynamisches Kommen und Gehen. Doch mit Geduld, Erfahrung und Liebe meistern Marie, Hermes, Rose und all die anderen am großen Teich Seite an Seite und Hand in Hand das Unerwartete, Mysteriöse, Dramatische und all die Lektionen die das Jahr für sie ersonnen hat. Und damit sind und bleiben sie nicht alleine, denn der Zirkel wächst und gedeiht und sorgt dafür, dass Neues sprudelnd und kraftvoll inspiriert und Altes geehrt und erhalten bleibt.



«Ein Abend voller Leidenschaft»

Der September hatte das Feld geräumt und dem Oktober das Zepter überreicht. Die Speicher und Speisekammern waren nun randgefüllt. Mensch und Land kamen nach üppigem Sprießen, Wachsen und Gedeihen, nach mühsamem Flügen, Sähen und schweißtreibender Ernte unter der aufsteigenden, verweilenden und absteigenden Sonne wieder zur Ruhe und bereiteten sich so langsam und verdientermaßen auf die Nacht des Jahres vor. Es war ein wunderbarer erster Oktoberabend. Die gesamte Hausgemeinschaft am großen Teich, zwei oder vierbeinig, saß am Feuer und genoss das Beisammensein, die milde und würzige Herbstluft und hier und da einen kleinen Leckerbissen. Rose sang Lieder und alle, außer die Kater und Lilly, stimmten mit ein. Die Beiträge der vierbeinigen Sänger sorgten bei den zweibeinigen Chormitgliedern für noch mehr gute Stimmung. Zum einen waren die mit geschwellter Brust und empor gestellten Köpfen posierenden «Sängerknaben» einfach ein Bild für die Götter und zum anderen war ihr Gesang zwar ohrenbetäubend, aber dennoch entzückend. Rose fiel es schwer sich auf die Lieder zu konzentrieren und ihr liefen vor Lachen die Tränen. Marie konnte nicht mehr. Sie versuchte ihr vor Lachen schmerzendes Zwerchfell in Zaum zu halten und Darius und Jacob versuchten die Töne von Hermes und Herzchen aufzugreifen und sangen jetzt bei den Hunden mit. Hermes ließ sich weder von den völlig schrägen Tönen der Männer noch von den albernen Frauen aus der Ruhe bringen. Er fand immer noch, obwohl der Odermenning damals Gegenteiliges behauptete, dass er ein guter Sänger war und sang leidenschaftlich und aus voller Brust in die anbrechende Nacht hinein und Herzchen folgte natürlich seinem Beispiel. Schnuggel und Schröder verabschiedeten sich als erste aus der Runde. Das entsetzliche Geheul war einfach nicht zum auszuhalten.


«Die Sängerknaben»

Das Feuer brannte langsam nieder und die kühler werdende und feuchte Nachtluft ließ jeden nach seiner kuscheligen und warmen Decken sehnen. Jacob löschte die letzte Glut und Darius und Rose machten in der Küche Ordnung. Marie wollte helfen, wurde aber von Rose wiedermal ermahnt nicht so viel herum zu humpeln und mit einem Kuss auf die Stirn in eine gute Nacht geschickt. Schmollend und murrend musste sich Marie das gefallen lassen und ging auf ihr Zimmer.

Gedankenversunken saß sie nun vor ihrem Spiegel und kämmte ihr Haar. Ein warmes und verlangendes Kribbeln verschaffte sich Platz in ihr und sie wartete ungeduldig auf ein Klopfen an der Tür. Die Zeit hatte anscheinend kein Erbarmen mit ihr und Minuten erschienen ihr wie endlose Stunden. Immer noch hörte sie aus der Küche Geklapper und Geräume und sie fragte sich langsam, ob die zwei da unten einen spontanen nächtlichen Hausputz veranstalteten. Dann entschied sie sich dafür, die Grand Dame zu spielen, legte die Bürste auf den Tisch, fand das sie Warten nicht nötig hätte und ging ins Bett. Sie reagierte nicht auf das Klopfen, allerdings einzig aus der Unsicherheit heraus, nicht zu wissen, was sie auf das Klopfen antworten sollte. Ein einfaches «Herein» schien ihr zu plump und ein freudiges «Komm herein» zu aufdringlich. Der Klopfer wusste was er wollte und die Tür öffnete sich auch ohne Einladung. Marie lächelte Darius‘ im Türspalt erscheinendem Köpfchen entgegen. «Möchtest du noch einen Gutenachtkuß?», fragte er leise und Marie nickte entschlossen. «Tut mir leid. Es hat ein wenig gedauert in der Küche. Mir ist da ein kleines Missgeschick mit der roten Beete passiert. Rose und ich mussten noch wischen», murmelte er etwas verschämt beim Näherkommen. Marie presste die Lippen zusammen und ließ das lieber unbeantwortet. Darius setzte sich auf die Bettkante und versenkte sich in Maries Haar, einerseits weil er sehnlichst verlangend nach seinem Geruch war und andererseits weil er sich ein bisschen für das rot gesprenkelte großflächige Malheur in der Küche schämte. «Ich bin ein richtiger Küchentroll und entwickle gerade eine ernstzunehmende Phobie gegen diese Haus- und Wohnungsinstitution. Früher ist mir so was nie passiert. Allerdings glaube ich, es lag einfach daran, dass ich Küchen meistens nur zum Kaffee kochen genutzt habe.» «Nicht aufgeben, Darius! Du schaffst das! Morgen kochen wir zwei zusammen und du wirst sehen, es wird gut», tröstete Marie. «Na gut», flüsterte Darius zaghaft und rollte sich mit sehr viel größerem Geschick als bei der Küchenarbeit und geschmeidig wie eine Schlange unter Maries Decke und schmiegte sich begehrend und des Wartens auf diesen Moment leid, an ihren warmen und duftenden Körper.


Autor: Maren Kunst

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